Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung Erneuerbarer Energienim ländlichen Raum
Ziele: Um eine energetisch und ökonomisch bessere Alternative zum "Bioenergiedorf" aufzuzeigen, wurde das Projekt "BioEffizienz-Dorf Hessen 2010 - 2012" initiiert. Mit diesem Konzept sollten die mit dem Bioenergiedorf angestrebten Ziele aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
Die wichtigste konzeptionelle Veränderung bildete dabei der Verzicht auf eine zentrale dörfliche Wärmeversorgung aus Holz und/oder Biogas zu Gunsten von flexiblen Kombinationen aus Effizienzverbesserungen und einer dezentralen Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärmebereitstellung im einzelnen Gebäude. Angestrebt wird eine effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung bei Absenkung des Wärmeenergiebedarfs durch gezielte Dämmung von Bauteilen in Kombination mit einer Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energieträger durch den Austausch alter fossiler Heizungsanlagen gegen moderne Holzpelletkessel und Scheitholzkessel und/oder durch die Installation von solarthermischen Anlagen. Durch solche Kombinationen von Dämmmaßnahmen und Einbau einer Holzheizung sind bei älteren, noch nicht energetisch modernisierten Gebäuden Energieeinsparungen von 25 % sowie eine Minderung des CO2 -Ausstoßes um mehr als 40 % erreichbar. Konkrete Ziele des "BioEffizienz-Dorf Hessen 2010 - 2012" waren:
Ziel war das Aufzeigen einer modellhaften Perspektive für eine nachhaltige und effiziente Energieversorgung im ländlichen Raum mit Vorbildcharakter bei der Ressourcenschonung und dem Klimaschutz.
Das Land Hessen hat deshalb für solche Projekte im Rahmen eines Modellvorhabens eine finanzielle Förderung angeboten. Dieses Angebot bezog sich auf eine große Bandbreite von technischen Maßnahmen, sodass die Antragsteller individuell und orientiert am Zustand ihres Gebäudes Schwerpunkte auswählen konnten – angefangen bei einzelnen Maßnahmen wie der Einzelbauteildämmung (bspw. Dach- und/oder Kellerdecke), dem Austausch von Fenster und Türen bis hin zum Gebäude-Vollwärmeschutz nach KfW-Standard. Es war aber auch möglich, nur einen fossil betriebenen Heizkessel gegen eine Holzfeuerung zu ersetzen.
Ein für die meisten Hauseigentümer zentrales Thema ist der Werterhalt des eigenen Wohngebäudes. Dies bildete zwar kein zentrales Projektziel beim "BioEffizienz-Dorf Hessen 2010 - 2012", war aber durchaus ein Element in der Kommunikation des Konzepts. Denn durch energetische Modernisierungsmaßnahmen wird der Wert des Gebäudes erhalten und i.d.R. sogar deutlich gesteigert. Gerade die Verringerung der Wärmeabnahme durch Gebäudeeffizienzmaßnahmen wird bei Bioenergiedörfern i.d.R. vernachlässigt bzw. ist wegen des verringerten Wärmeabsatzes sogar unerwünscht. Hingegen tragen beim BioEffizienz-Dorf solche Investitionen zum Gesamtziel bei, erfordern aber auch tendenziell höhere Investitionen des einzelnen Gebäudeeigentümers.
Mittels eines Teilnahme-Wettbewerbs hat das Land Hessen für das Modellvorhaben vier dörfliche Ortsteile in drei Kommunen ausgewählt. Dazu wurde in drei Auftaktveranstaltungen in Nord- sowie Mittel- und Südhessen informiert. Danach folgte in 14 Abendveranstaltungen in den grundsätzlich interessierten Kommunen eine Vorstellung und Bewerbung des Projekts. Aus den dann eingegangenen Bewerbungen wurden schließlich vier Dörfer ausgewählt, in denen ein großer Anteil der Hauseigentümer Interesse gezeigt hatte. Diesen Hauseigentümern wurde ein gezieltes Informationsprogramm geboten und sie konnten für die energetische Modernisierung ihrer Wohnhäuser eine Sonderförderung von bis zu 6.500 EUR vom Land Hessen erhalten. Dabei war die Inanspruchnahme paralleler Förderangebote des Bundes möglich. Die Kombination beider Fördermöglichkeiten führte zu einer vergleichsweise attraktiven Gesamtförderung.
Vorbereitet und begleitet wurden die Teilprojekte in den ausgewählten Dörfern durch eine Folge von Informationsveranstaltungen der HessenEnergie ('Praxis-Workshops'), in denen sich die Modernisierungs-Interessenten über die Themen Wärmedämmung, effiziente Heiztechnik und Stromeffizienz unterrichten konnten. Um den Kontakt in Sachen Beratung und Förderung dauerhaft zu sichern, gab es in den beteiligten Dörfern jeweils Projektteams, die als Ansprechpartner für die Modernisierungs-Interessenten und die HessenEnergie fungierten. Für die einzelnen Gebäude wurden von Vor-Ort-Energieberatern (geförderte) Modernisierungskonzepte mit individuell angepassten Empfehlungen zu Investitionen in Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien ausgearbeitet. Auf dieser Grundlage konnten alle Interessenten über die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen in ihrem Objekt entscheiden, Angebote von Fachfirmen einholen und für die vorgesehen Investitionen entsprechende Förderanträge stellen.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das ursprüngliche Ziel, mit dem Konzept "BioEffizienz-Dorf 2010-2012" eine für den ländlichen Raum in Hessen energetisch und ökonomisch überzeugende Alternative zum Bioenergiedorf anzubieten, die auch von den Interessenten vor Ort als hoch attraktiv angenommen wird, konnte nicht erreicht werden. Es war anfangs beabsichtigt, in den ausgewählten Orten einen hohen Anteil der Hauseigentümer für das Projekt zu gewinnen, vergleichbar mit der Situation in vielen Bioenergiedörfern. Diese umfängliche Beteiligung konnte trotz eines erheblichen Aufwands für Information und Kommunikation nicht erzielt werden. Von daher waren dann auch die erreichbaren Effekte für die dörflichen Gemeinschaften insgesamt begrenzt. Im Rahmen der Bewerbung haben in den drei ausgewählten Kommunen (Bad Wildungen, Ebersburg, Breuberg) rd. 200 von insgesamt 436 Hauseigentümern ihr Interesse an der Teilnahme am Projekt "BioEffizienz-Dorf 2010-2012" bekundet. Aufgrund dessen konnte erwartet werden, dass über die Hälfte dieser offensichtlich interessierten Hauseigentümer eine Modernisierung durchführen und eine Projektförderung des Landes Hessen in Anspruch nehmen würde.
Die Zahl der realisierten Vorhaben blieb allerdings deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Die Gründe hierfür sind vielfältig und lassen sich nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. Für das nicht zufriedenstellende Ergebnis dürften vor allem folgende Faktoren verantwortlich sein:
Insgesamt teilen die Hauptansprechpartner aus den Projektteams vor Ort die Einschätzung der HessenEnergie, dass selbst bei einem gänzlich reibungslosen Projektverlauf bestenfalls eine Verdopplung der Teilnehmerzahl möglich gewesen wäre. Den ursprünglichen Projekt-Ansatz, eine vergleichbar hohe Teilnehmerquote (Größenordnung 30 - 50 %) wie in Bioenergiedörfern für den Bau einer zentralen Heizungsanlage mit dem zugehörigen Wärmenetz zu erreichen, war offenbar zu optimistisch. Die Umsetzung einer energetischen Gebäudemodernisierung erfordert auf Seiten der Hauseigentümer eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen Bauen und Energie und insgesamt ein hohes Maß an Eigeninitiative. Umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen benötigten von den ersten Planungen bis zu Fertigstellung üblicherweise einen Zeithorizont von mindestens einem Jahr. Bei der Umsetzung müssen unterschiedlichste Punkte berücksichtigt und koordiniert werden. Dazu gehören u.a.:
Dies alles erfordert einen hohen Zeitaufwand bei dem Modernisierungsinteressenten und einen erheblichen finanziellen Einsatz. Beide Faktoren waren größere Hürden als dies anfänglich erwartet und erhofft wurde. Darüber hinaus haben einige zögerliche Reaktionen auch viel mit der aktuellen persönlichen Lebenssituation der Hauseigentümer zu tun (z.B. Alter, voraussichtliche Änderung von Wohnsituation und Lebensumständen).
Investitionskosten in der Größenordnung von 40.000 EUR - 100.000 EUR für das Ein- oder Zweifamilienhaus (bei kompletter Dämmung der Fassade sowie Erneuerung des Daches) und Finanzierungszeiträume von 10 - 20 Jahren stellen für viele Hauseigentümer offenbar ein sehr ernstes Hindernis dar. Die Auseinandersetzung mit der Modernisierungsplanung und der Entscheidungsprozess bei solch umfänglichen Paketen von Maßnahmen können deshalb einige Jahre in Anspruch nehmen. Hingegen wird der Austausch von Heizkesseln in Verbindung mit kleineren Modernisierungsmaßnahmen und/oder die Installation einer solarthermischen Anlage eher durchgeführt, allerdings meist nur dann, wenn infolge eines Ausfalls von energietechnischen Komponenten unabweisbarer Erneuerungsbedarf besteht.
Die Förderung von Seiten des Landes Hessen war vor allem für solche Hausbesitzer attraktiv, die bereits konkrete Modernisierungsabsichten oder doch schon grundsätzliche Überlegungen zur energetischen Sanierung ihrer Wohnhäuser angestellt hatten. In diesen Fällen wurde die Umsetzung angestoßen bzw. zeitlich vorgezogen. Das Förderangebot trug aber wahrscheinlich nur bei einem begrenzten Teil der Modernisierer dazu bei, die Idee einer energetischen Modernisierung überhaupt in Erwägung zu ziehen. Die Informationsangebote im Vorfeld der Projekte haben allerdings nach dem Urteil aller Beteiligten starken Einfluss auf Umfang, Struktur und technische Qualität der getätigten Investitionen gehabt.
Im Vergleich zu einem Bioenergiedorf, bei dem es primär um eine Entscheidung des Einzelnen für einen Anschluss an das geplante örtliche Nahwärmenetz geht, gestaltet sich die Entscheidung und Abwicklung einer Gebäudemodernisierung in Eigenregie merklich aufwändiger. Bei vielen Nahwärmeprojekten in Bioenergiedörfern liegen die einmaligen Anschlusskosten bzw. die Einzahlungen in eine neu gegründete Betreiber-Genossenschaft in der Größenordnung von 5.000 €. Dieser Betrag ist für viele Hauseigentümer überschaubarer und in den Konsequenzen leichter zu begreifen als die Gesamtkosten einer Gebäudemodernisierung und deren energetische Auswirkungen und bildet daher eine deutlich niedrigere Hürde. Dabei wird allerdings i.d.R. nicht erkannt, dass die zukünftig zu zahlenden Wärmekosten zum großen Teil auch Kapitalkosten zur Finanzierung der Investitionskosten beinhalten und somit auch eine langfristige Verpflichtung für die Anschlussnehmer darstellen – ähnlich wie bei der Finanzierung einer Gebäudemodernisierung.
Wettbewerb des Landes Hessen. Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien im ländlichen Raum